Eileiterentfernung bei geplanten Bauchoperationen nach abgeschlossener Familienplanung könnte Häufigkeit von Eierstockkrebs senken. Eine mathematische Modellierungsstudie für Deutschland zeigt, dass die Inzidenz von Eierstockkrebs gesenkt und Gesundheitskosten reduziert werden könnten, wenn bei geeigneten Bauchoperationen nach Abschluss der Familienplanung die Eileiter entfernt würden. Die Ergebnisse der Studie von Prof. Dr. med. Dr. h.c. Ingo Runnebaum, Dr. rer. nat. Angela Kather und Kollegen des Universitätsklinikums Jena bzw. der RU21 GmbH wurden 2025 in PLOS Medicine veröffentlicht (doi.org/10. 1371/ journal.pmed.1004514).
Einige der schwerwiegendsten Formen von Eierstockkrebs entstehen in den Eileitern. Die Entfernung dieser Strukturen, beispielsweise bei Gelegenheit einer Hysterektomie oder Sterilisation, wird bereits von vielen operativ tätigen Gynäkologen als präventive Maßnahme angeboten, wie die deutschlandweiten Umfragen der DGGG bzw. der AGO Ovarkommission, zuletzt 2022 ergeben haben. Das Forschungsteam entwickelte ein mathematisches Modell, das epidemiologische Daten integrierte, um die Auswirkungen einer „opportunistischen“ Entfernung der Eileiter auf das Krebsrisiko in der Bevölkerung und die Gesundheitskosten vorherzusagen.
Das Modell zeigt, dass durch die Eileiterentfernung bei jeder Hysterektomie und Sterilisation deutschlandweit 5 % der Eierstockkrebsfälle verhindert werden könnten. Würden die Eileiter bei allen geeigneten abdominalen Operationen entfernt, wäre eine Verringerung der Krebsfälle um bis zu 15 % möglich – in Ländern mit höheren Sterilisationsraten potenziell sogar noch mehr.
Die opportunistische Entfernung der Eileiter unterscheidet sich von anderen präventiven Maßnahmen, da sie keine individuelle Risikoeinschätzung erfordert. Statt gezielt Hochrisikopatientinnen anzusprechen, wird dieser Gelegenheitseingriff breit während geplanter Operationen bei Frauen mit erfülltem Kinderwunsch eingesetzt, um die Inzidenz von Eierstockkrebs auf Bevölkerungsebene zu senken.
Damit unterscheidet sich dieser innovative Ansatz von etablierten opportunistischen Eingriffen wie der Appendektomie oder Cholezystektomie, die auf spezifische Risikopatienten abzielen. Er markiert eine Verlagerung des Präventionsparadigmas: Prävention wird erstmals systematisch in den Alltag chirurgischer Routine bei Frauen mit erfülltem Kinderwunsch integriert, da der Eingriff als minimaler Zusatz während ohnehin geplanter Operationen erfolgt. Eine aktuelle Stellungnahme der AGO Ovarkommission zur „opportunistischen Salpingektomie“ wird noch in diesem Jahr publiziert.