Künstliche Intelligenz (KI) kann Ärztinnen und Ärzte bei der Diagnosefindung wirksam unterstützen. Sie macht andere Fehler als Menschen – und diese Komplementarität stellt eine bislang ungenutzte Stärke dar. Ein internationales Team unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung zeigt nun erstmals systematisch, dass die Kombination aus menschlicher Expertise und KI-Modellen zu den genauesten offenen Diagnosen führt.
Diagnosefehler gehören zu den folgenschwersten Problemen im medizinischen Alltag. KI-Systeme eröffnen neue Möglichkeiten, medizinische Diagnosen effizient zu unterstützen. Diese Systeme bergen jedoch auch erhebliche Risiken – beispielsweise können sie „halluzinieren“ und falsche Informationen generieren. Zudem reproduzieren sie bestehende gesellschaftliche oder medizinische Vorurteile (Bias) und machen Fehler, die für den Menschen oft nicht nachvollziehbar sind.
In der Studie wurden mehr als 2.100 realitätsnahe medizinische Fallvignetten mit über 40.000 ärztlichen und maschinellen Diagnosen analysiert und miteinander verglichen. Sie zeigt: Wenn mehrere KI-Modelle kombiniert wurden, erhöhte sich die Diagnosequalität. Das KI-Kollektiv lag im Durchschnitt über dem Niveau von 85 % der menschlichen Diagnostikerinnen und Diagnostiker. Es gab jedoch zahlreiche Fälle, in denen Menschen besser abschnitten. Interessanterweise kannten Menschen oft die richtige Diagnose, wenn die KI versagte.
Die größte Überraschung: Die Kombination beider Welten führte zu einer deutlichen Steigerung der Genauigkeit. Selbst das Hinzufügen eines einzelnen KI-Modells zu einer Gruppe von Diagnostikerinnen und Diagnostikern – oder umgekehrt – verbesserte das Ergebnis erheblich. Die zuverlässigsten Ergebnisse wurden durch kollektive Entscheidungen erzielt, an denen mehrere Menschen und mehrere KIs beteiligt waren.
Die Forschenden betonen jedoch auch die Grenzen ihrer Arbeit. So wurden ausschließlich textbasierte Fallvignetten untersucht, nicht jedoch echte Patientinnen und Patienten in realen klinischen Situationen.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft